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Die Erweiterung des Anwendungsbereichs von Sammelklagen

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Mit dem Gesetz 2014-344 vom 17. März 2014 – auch „Hamon“-Gesetz genannt – hat der französische Gesetzgeber eine Sammelklage für Verbraucher eingeführt, um der Empfehlung der Europäischen Kommission vom 11. Juni 2013 nachzukommen.

Im Jahr 2016 wurde die Sammelklage in ihrem Anwendungsbereich erweitert. Zunächst wurde die Sammelklage durch das Gesetz 2016-41 vom 26. Januar 2016 – auch „Santé“-Gesetz bezeichnet – in das Gesundheitswesen eingeführt. Durch Abschnitt 5 des Gesetzes 2016-1547 vom 18. November 2016 – auch „Modernisierung der Justiz des 21. Jahrhunderts in Vergleichsangelegenheiten“ genannt – wurde die Sammelklage in ihrem Anwendungsbereich noch erweitert. Das erste Kapitel betrifft die Sammelklage vor der ordentlichen Gerichtsbarkeit, während das Zweite der Sammelklage vor den Verwaltungsgerichten gewidmet ist.

In beiden Fällen hat der Gesetzgeber allgemeine Regeln für Sammelklagen in folgenden Bereichen festgelegt: Diskriminierung, Gesundheitswesen, Datenschutz und Umwelt. Es gibt einige spezifische Regeln für jeden dieser Bereiche, die von den allgemeinen Regeln abweichen können. Dennoch haben Klagen vor der ordentlichen oder der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Wesentlichen eine gemeinsame Grundlage.

Dieser Beitrag befasst sich insbesondere mit dem neuen Kapitel 10 der französischen Verwaltungsgerichtsordnung (Code de Justice Administrative, im Folgenden: CJA), das Sammelklagen vor den Verwaltungsgerichten betrifft.

In den oben erwähnten Bereichen (Diskriminierung, Umwelt, Gesundheit und Datenschutz) ist es nunmehr möglich, vor den Verwaltungsgerichten Ansprüche einer unbestimmten Personengruppe (natürliche oder juristische Personen; privat-rechtliche oder öffentlich-rechtliche Körperschaften) geltend zu machen, wenn diese sich durch rechtswidriges Verwaltungshandeln verletzt fühlt, sei es seitens einer Behörde oder seitens Privater in öffentlich-rechtlichem Auftrag.

Die wichtigsten Merkmale und Modalitäten zur Durchsetzung von Sammelklagen werden nachfolgend erläutert.

Ebenso wie vor den Zivilgerichten kann die Sammelklage vor den Verwaltungsgerichten durch zugelassene Vereinigungen und/oder Vereinigungen eingereicht werden, die seit mindestens fünf Jahren ordnungsgemäß eingetragen sind und deren Satzungszweck die Verteidigung entsprechender verletzter Interessen enthält.

Die Sammelklage kann einen doppelten Zweck erfüllen:

  • die Anfechtung rechtswidrigen Verwaltungshandelns (1) ;
  • und/oder die Inanspruchnahme des Schadenverursachers auf Schadensersatz (2).

Vor Einleitung eines Rechtsstreits muss die klagende Vereinigung die Behörde schriftlich auffordern, das rechtswidrige Verhalten abzustellen und/oder Schadensersatz zu leisten. Die Sammelklage ist weiter nur zulässig, wenn sie nach Ablauf einer viermonatigen Frist nach Eingang des Aufforderungsschreibens erhoben wird.

Der Grundsatz der „vorherigen Entscheidung“ (décision préalable), der insbesondere durch den am 1. Januar 2017 in Kraft getretenen Artikel R. 421-1 CJA erweitert wurde, wird durch das Erfordernis eines vorherigen Aufforderungsschreibens erfüllt: Artikel R. 421-1 CJA setzt voraus, dass der Kläger vor Einreichung der Klage beim Verwaltungsgericht seine Beschwerde an die Behörde vorlegt. Dadurch trifft die Verwaltung eine konkludente oder ausdrückliche Entscheidung und „bindet“ somit den Rechtsstreit.

Der Grundsatz der vorherigen Entscheidung entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, die gütliche Beilegung von Streitigkeiten zu fördern.

     (1) Die Klage zur Anfechtung rechtswidrigen Verwaltungshandelns :

Dabei handelt es sich um einen der innovativsten Aspekte der durch das Gesetz vom 18. November 2016 neu eingeführten Bestimmungen. Nach den alten Vorschriften war diese Klageart im Rahmen der Sammelklage nicht zulässig.

In einigen der oben genannten Bereiche ist die Sammelklage zur Anfechtung rechtswidrigen Verwaltungshandelns als einzige zulässig, wohingegen sie in anderen Bereichen ausgeschlossen ist:

  • Im Bereich des Datenschutzes richtet sich die Sammelklage ausschließlich auf die Anfechtung rechtswidrigen Verwaltungshandelns (Artikel 43 des 78-17 Gesetzes vom 6. Januar 1978);
  • Im Gesundheitswesen ist nur die Geltendmachung von Schadensersatz zulässig (Artikel L. 1143-1 des französischen Gesundheitsgesetzbuches);
  • In den Bereichen Umwelt und Diskriminierung sind beide Varianten der Sammelklage – Anfechtung und Schadensersatz – möglich.

Im Rahmen des Sammelklageverfahrens kann das Verwaltungsgericht auch einstweilige Unterlassungsverfügungen unter Zwangsgeldandrohung gegen die Behörde erlassen.

     (2) Die Schadensersatzklage:

Diese Variante der Klage ist in mehrere Stufen unterteilt.

Nachdem die Klage ordnungsgemäß erhoben wurde, entscheidet das Gericht zunächst über die Haftung der Verwaltung. Das Urteil bestimmt:

  • die Personengruppe, gegenüber welcher die Verwaltung haftet sowie die Anknüpfungskriterien an diese Gruppe;
  • die möglichen ersetzbaren Schäden, wobei anderweitige individuelle Klagen der Opfer auf sonstigen Schadensersatz nicht ausgeschlossen sind;
  • die Frist, innerhalb welcher die Personen, die die Anknüpfungskriterien erfüllen, der Gruppe beitreten können.

Entsprechend der Sammelklage im Verbraucherrecht hat der französische Gesetzgeber sich für einen ausdrücklichen und nachträglichen Beitritt der Opfer entschieden („Opt-in“).

Im zweiten Schritt legt das Gericht die Höhe des zuzusprechenden Schadensersatzes fest.

Vom Gesetzgeber wurden dazu zwei verschiedene Wege geschaffen:

  • Ein kollektives Verfahren zur Festsetzung des Schadensersatzes:

Der vom Gericht zugelassene Kläger (die Vereinigung) verhandelt mit der Verwaltung über die Entschädigung, die den Betroffenen gewährt werden soll. Falls die Parteien eine Einigung erzielen, wird diese vom Gericht bestätigt.

Spezielle Bestimmungen für gewisse Bereiche schließen diese Möglichkeit aus. Dies ist im Gesundheitswesen der Fall (L. 1143-11 des französischen Gesundheitsgesetzbuchs) sowie im Bereich der Diskriminierung durch den Arbeitgeber (Artikel L. 77-11-6 CJA); dort kann nur das nachstehend beschriebene Einzelverfahren durchgeführt werden.

  • Ein Einzelverfahren zur Festsetzung des Schadensersatzes:

Die Personen, die der Gruppe beitreten möchten, machen ihren Schadensersatzanspruch entweder direkt bei der haftenden Verwaltung geltend oder beauftragen damit den Kläger (Vereinigung), der entsprechend bevollmächtigt wird.

Erzielen die Parteien keine Einigung, setzt in beiden Fällen das Gericht die Höhe des Schadensersatzes fest.

Durch die Einführung der neuen Vorschriften wurde der CJA um eine neue Klageart erweitert, die es den Prozessparteien erlauben sollte, sich in Verfahren gegen die Verwaltung weniger allein zu fühlen und in Serienschäden eine bessere Prozesswirtschaftlichkeit zu erzielen.