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Erhebliches Ungleichgewicht und Preiskontrolle

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Nach Prüfung von 300 Verträgen und 96 Geschäftsbeziehungen mit Zulieferern hat der Kassationshof die Verurteilung der Einkaufszentrale der „Leclerc Le Galec“-Grossmärkte wegen erheblichen Ungleichgewichts bestätigt.

Durch Urteil vom 25. Januar 2017 (Aktenzeichen n°15-23.547) hat der Kassationshof die Revision der Le Galec vollständig zurückgewiesen.

Mit diesem besonders aufschlussreichen Urteil erläutert der Kassationshof die gerichtliche Preiskontrolle, die durch das zum Verbot eines erheblichen Ungleichgewichts ausgeübt wird.

Er hat wie folgt erkannt:

  •  Das Prinzip des Einheitsvertrags als solches (Artikel L.441-7 des Code de commerce), welches einen Vergleich zwischen dem von den Parteien vereinbarten Preis und dem für Lieferanten geltenden Tarif ermöglicht, bildet die Grundlage einer Preiskontrolle über das Institut des erheblichen Ungleichgewichts. Mithin können Preisklauseln Gegenstand einer gerichtlichen Überprüfung sein: „Artikel 442-6, I, 2° des Code de commerce ermöglicht eine gerichtliche Überprüfung des Preises, soweit dieser nicht das Ergebnis einer freien Verhandlung ist und ein erhebliches Ungleichgewicht der Rechte und Pflichten der Parteien darstellt.“
  • Der Grundsatz der freien Verhandelbarkeit von Verkaufsbedingungen und insbesondere der Preise gilt nicht unbegrenzt. Der Kassationshof hält fest: „Das Fehlen einer Gegenleistung oder sonstigen Rechtfertigung für die von den Vertragspartnern eingegangenen Pflichten kann, selbst wenn diese Pflichten nicht als Dienstleistungen im Rahmen einer Vertriebskooperation („coopération commerciale“) gelten, durch Artikel 442-6, I, 2° des Code de commerce sanktioniert werden, soweit die Schwelle einer – auch nur versuchten – Unterwerfung überschritten ist und zu einem erheblichen Ungleichgewicht führt.“

Diese Überprüfbarkeit der Preisgestaltung ist besonders bemerkenswert. Denn sowohl der Code civil (anwendbar auf alle Vertragstypen; entspricht dem BGB) als auch der Code de la consommation (anwendbar nur im B2C) sehen – trotz aller Gemeinsamkeiten mit dem Code de commerce – grundsätzlich ausdrücklich vor, dass das Institut des erheblichen Ungleichgewichts nicht auf den Preis anwendbar ist.

Darüber hinaus bestätigt der Kassationshof Folgendes:

  • Eine „Unterwerfung“ im Sinne von Art. 442-6, I, 2° des Code de commerce wird durch die Vorformulierung der streitigen Klauseln und das Fehlen von tatsächlichen Verhandlungen indiziert.
  • Der Wirtschaftsminister, welcher zu eigenen Klagen aufgrund ungerechtfertigter Bereicherung ermächtigt ist, konnte hier wirksam vorgehen. Diese selbständige Klagebefugnis dient dem Schutz der Funktionsfähigkeit des Marktes und des Wettbewerbs in Anwendung von Artikel L.442-6, III, des Code de commerce.

Diese wichtige Entscheidung, die den Anwendungsbereich des Artikels L.442-6, I,2° des Code de commerce klarstellt, wird auf zukünftige Verhandlungen wesentliche Auswirkungen haben.