Kurzmeldungen
Arbeitsrecht

Voraussetzungen für den Verfall des Urlaubsanspruchs bei mehrjähriger Arbeitsunfähigkeit

- Kurzmeldungen

Das LAG Hamm hat mit Urteil vom 17.02.2022 (5 Sa 872/21) entschieden, dass ein Arbeitnehmer, der über einen Zeitraum von 15 Monaten nach dem Ende des Urlaubsjahres (also länger als bis zum 31. März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres) hinaus krankgeschrieben ist, seinen Urlaubsanspruch auch dann verliert, wenn der Arbeitgeber seinen Obliegenheiten nicht nachgekommen ist, den Arbeitnehmer von dem Bestehen von Urlaubsansprüchen und deren Befristung in Kenntnis zu setzen. Das LAG Hamm geht davon aus, dass es trotz Verletzung dieser Obliegenheiten zu einem Verfall des Urlaubsanspruchs nach Ablauf der hierfür festgelegten Höchstfrist von 15 Monaten kommt, wenn der Arbeitnehmer über diesen Zeitraum hinaus krankgeschrieben ist, da in diesem Fall nicht Handlungen oder Unterlassungen des Arbeitgebers, sondern allein die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers für den Verfall des Urlaubs kausal sei.

Das LAG Hamm ließ allerdings die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) zu, da dort derzeit in einer anderen Sache ein Revisionsverfahren zu der Frage anhängig ist, wie sich die fehlende Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers im Fall mehrjähriger Erkrankung des Arbeitnehmers auf den Verfall des Urlaubsanspruchs auswirkt. Hierzu hat das BAG einen erneuten Vorlagebeschluss an den EuGH (Vorlage vom 07.07.2020, 9 AZR 401/19 (A)) gerichtet.

Mit Urteil vom 22.09.2022 hat der EuGH in den verbundenen Rechtssachen C 518/20 und C 727/20 entschieden, dass der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub, den er in einem Bezugszeitraum erworben hat, in dessen Verlauf er tatsächlich gearbeitet hat, bevor er voll erwerbsgemindert oder aufgrund einer seitdem fortbestehenden Krankheit arbeitsunfähig geworden ist, nur dann erlöschen kann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer rechtzeitig in die Lage versetzt hat, diesen Anspruch auszuüben.

Hieraus folgt, dass Arbeitgeber auch ihre langzeitkranken Arbeitnehmer jährlich aktiv auf den möglichen Verfall ihrer Urlaubsansprüche hinweisen müssen, um sich nicht dem Risiko auszusetzen, diese einmal abgelten zu müssen.