Reform der strafrechtlichen Verjährungsfristen
- NewsletterDas Gesetz n° 2017-242 vom 27. Februar 2017 hat die strafrechtliche Verjährung tiefgreifend reformiert. Die Hauptmaßnahme besteht in einer Verdopplung der Verjährungsfristen. Es wurden allerdings auch fixe Verjährungsfristen für sogenannte verdeckte Straftaten eingeführt.
Diese verdeckten Straftaten werden nun gesetzlich definiert. Es wird zwischen verborgenen und verheimlichten Straftaten unterschieden. Die verborgene Straftat wird wie folgt definiert: eine „Straftat, deren konstitutive Elemente weder dem Opfer, noch der Staatsanwaltschaft bekannt sein können“ (art. 9-1 Abs. 4 CPP, die französische Strafprozessordnung). Eine verheimlichte Straftat ist hingegen eine „Straftat, bei der der Autor vorsätzlich Handlungen vornimmt, die darauf abzielen, die Entdeckung der Straftat zu verhindern“ (art. 9-1 al. 5 CPP).
Schließlich wird die Rechtsprechung im Bereich der Hemmung und der Unterbrechung von Verjährungsfristen kodifiziert. Die französische Strafprozessordnung wird so verständlicher, was zu höherer Rechtssicherheit führt.
Das neue Gesetz ist seit dem 1. März 2017 anwendbar. Es findet auch auf bereits begangene Straftaten Anwendung, es sei denn die Verjährungsfrist ist schon vollständig abgelaufen. Die Höchstfristen bei versteckten Straftaten laufen aber erst ab dem 1. März 2017, auch wenn die Straftat vor diesem Datum begangen wurde.
Nachstehen finden Sie eine Übersicht der wichtigsten Änderungen. Bei Rückfragen stehen wir Ihnen natürlich gerne zur Verfügung.
Verdopplung der Verjährungsfristen bei normalen Straftaten:
Vorher | Nachher | |
Ordnungswidrigkeit | 1 Jahr | 1 Jahr |
Vergehen | 3 Jahre | 6 Jahre |
Verbrechen
| 10 Jahre
| 20 Jahre
|
Das Gesetz hat aber einige Sonderverjährungsfristen vorgesehen:
Vergehen
| Vergehen gegenüber Minderjährigen | 10 Jahre |
Sexueller Missbrauch von Minderjährigen
| 20 Jahre
| |
Verbrechen
| Terrorismus | 30 Jahre |
Drogen | ||
Kriegsverbrechen | ||
Verbrechen gegen die Menschlichkeit
| Verjährt nicht
|
Die Verjährungsfristen für Straftaten wie Terrorismus, Drogenhandel und Kriegsverbrechen, die vorher der normalen 10-Jahres-Frist unterlagen, unterliegen nunmehr einer 30-jährigen Verjährungsfrist.
Der Beginn der Verjährungsfrist ist grundsätzlich der Tag der Straftat. Im Gesetz sind aber zwei Ausnahmen vorgesehen:
- Im Falle einer Straftat einem Minderjährigen gegenüber beginnt die Verjährungsfrist erst ab seiner Volljährigkeit zu laufen;
- Bei verdeckten Straftaten beginnt die Verjährungsfrist erst ab der Entdeckung. Das Gesetz hat aber in diesem Fall zusätzlich eine Höchstfrist eingeführt. Diese Höchstfrist beträgt für Vergehen 12 Jahre und für Verbrechen 30 Jahre und beginnt mit dem Begehen der Straftat. Beispiel: ein Betrug, der im Jahre 2002 begangen wurde, wird erst im Jahre 2010 entdeckt. Die 6-jährige Verjährungsfrist läuft daher erst ab 2010. Aber die Höchstfrist läuft bereits seit 2002 und verhindert daher jede Strafverfolgung gegen den Täter ab 2014.
Die Rechtsprechung wurde auch im Bereich der Hemmung und Unterbrechung der Verjährungsfristen kodifiziert.
Der neue Artikel 9-2 der französischen Strafprozessrechtsordnung zählt nunmehr die Handlungen auf, die die Verjährung unterbrechen. Es handelt sich hierbei um Handlungen der Staatsanwaltschaft, der sog. „zivilpartei“ (d.h. des Opfers), Ermittlungsverfahren, Gerichtsentscheidungen etc. Vor der Gesetzesänderung konnten lediglich Ermittlungs- oder Verfolgungsmaßnahmen die Frist unterbrechen.
Die Frist kann durch rechtliche oder tatsächliche Hindernisse gehemmt werden. Rechtliche Hindernisse müssen gesetzlich festgelegt werden. Tatsächliche Hindernisse sind solche, die „unüberwindbar sind und der force majeure gleichstehen“ (art. 9-3 der französischen Strafprozessordnung). In beiden Fällen muss aber die Verfolgung der Straftat durch das Hindernis unmöglich gemacht worden sein.