Schutz für Whistleblower
- KurzmeldungenDas Bundeskabinett hat am 27.07.2022 den Entwurf eines Gesetzes für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1937 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (Hinweisgeberschutzrichtlinie), beschlossen (HinSchG). Die Richtlinie war bis zum 17.12.2021 in deutsches Recht umzusetzen. Zwar enthält bereits das am 12.04.2019 beschlossene Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen Ausnahmen für sogenannte Whistleblower, wenn diese geschützte Informationen veröffentlichen, um rechtswidrige Handlungen, berufliches oder sonstiges Fehlverhalten aufzudecken, soweit die Aufdeckung von öffentlichem Interesse sein kann. Diese Bestimmungen waren jedoch nicht ausreichend, um den umfassenden Schutz für Hinweisgeber zu gewährleisten, den die Richtlinie bezweckt.
Das HinSchG ist weit gefasst und umfasst alle Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben. Dies können neben Arbeitnehmern und Beamten etwa auch Selbstständige, Anteilseigner oder Mitarbeiter von Lieferanten sein.
Diese Verstöße können wahlweise an interne oder externe Meldestellen weitergegeben werden.
Interne Meldestellen sind in Unternehmen der Privatwirtschaft sowie im öffentlichen Sektor einzurichten, sofern die betreffende Einheit in der Regel mindestens 50 Personen beschäftigt. Unternehmen mit bis zu 249 Beschäftigten sollen für die Einrichtung interner Meldestellen bis zum 17.12.2023 Zeit haben. Auch können sie mit anderen Unternehmen zusammen eine gemeinsame Meldestelle betreiben.
Neben den bestehenden externen Meldesystemen bei der BaFin sowie beim Bundeskartellamt soll eine zentrale externe Meldestelle beim Bundesamt für Justiz (BfJ) eingerichtet werden.
Wesentlich ist ein wirksamer Schutz der Identität der hinweisgebenden und sämtlicher von einer Meldung betroffenen Personen. Diesbezügliche Informationen sollen nur in Ausnahmefällen herausgegeben werden dürfen, etwa in Strafverfahren auf Verlangen der Strafverfolgungsbehörden. Anonyme Meldungen sollen ermöglicht und auch bearbeitet werden.
Sollten die externen Meldestellen nicht die notwendigen Maßnahmen ergriffen haben oder die Gefahr irreversibler Schäden drohen, so sollen sich hinweisgebende Personen mit ihren Informationen auch an die Öffentlichkeit wenden dürfen.
Hinweisgebende Personen sind gesetzlich gegen alle ungerechtfertigten Nachteile wie etwa Kündigung, Abmahnung, Versagung einer Beförderung, geänderte Aufgabenübertragung, Disziplinarmaßnahmen, Diskriminierung, Rufschädigung oder Mobbing geschützt. Hierzu enthält der Entwurf eine Beweislastumkehr und einen Schadensersatzanspruch zugunsten der geschützten Person.
Zum anderen ist aber auch die hinweisgebende Person zur Erstattung des durch eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Falschmeldung eingetretenen Schadens verpflichtet.
Der Gesetzesentwurf liegt dem Bundesrat zur Stellungnahme vor und wird anschließend an den Deutschen Bundestag weitergeleitet und dort beraten.
In Frankreich wurde das Gesetz zur Verbesserung des Schutzes von Whistleblowern zur Umsetzung der Richtlinie 2019/1937 am 22.03.2022 im Journal Officiel veröffentlicht. Mit diesem Gesetz hat Frankreich sein 2016 eingeführtes System zum Schutz von Whistleblowern (Gesetz Nr. 2016-1691, sogenannte „Loi Sapin II“) weiterentwickelt, insbesondere in Bezug auf die Definition von Whistleblowern, das Schutzniveau, das sie genießen, und die Verfahren zur Meldung und Verarbeitung von Hinweisen.
Ein Whistleblower ist eine natürliche Person, die ohne direkte finanzielle Gegenleistung und in gutem Glauben Informationen über eine Straftat, eine Bedrohung oder einen Schaden für das öffentliche Interesse, eine Verletzung oder den Versuch der Verschleierung einer Verletzung meldet oder weitergibt, die sich auf eine von Frankreich ratifizierte internationale Verpflichtung, einen auf der Grundlage einer solchen Verpflichtung getroffenen einseitigen Rechtsakt einer internationalen Organisation, das Recht der Europäischen Union, ein nationales Gesetz oder eine nationale Verordnung bezieht. Der Whistleblower muss die Informationen im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit erhalten oder auf andere Weise persönlich davon Kenntnis erlangt haben.
Wie in Deutschland werden Unternehmen mit 50 oder mehr Beschäftigten verpflichtet, ein Verfahren zur Meldung und Verarbeitung von Hinweisen einzurichten, die sie nicht nur ihrem eigenen Personal und externen und gelegentlichen Mitarbeitern zugänglich machen müssen, sondern auch ehemaligen Beschäftigten, Stellenbewerbern, Anteilseignern und Mitgliedern des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans sowie Vertragspartnern und ihren Subunternehmern und deren jeweiligen Mitarbeitern.
Das neue Gesetz stellt die internen Meldeverfahren eines Unternehmens den externen Meldeverfahren bei einer Behörde gleich, wobei es dem Whistleblower freigestellt ist, ob er sich zuerst an das betroffene Unternehmen oder direkt an die Behörde wendet.
Eine öffentliche Bekanntgabe ist dagegen nur zulässig, wenn die befasste Stelle nicht innerhalb einer bestimmten Frist gehandelt hat, wenn eine „ernste und unmittelbare“ Gefahr besteht und wenn die Befassung einer Stelle den Hinweisgeber der Gefahr von Vergeltungsmaßnahmen aussetzen würde oder aufgrund der besonderen Umstände des Falles keine wirksame Abhilfe gegen den Gegenstand der Bekanntgabe schaffen würde.
Zum Schutz der Identität des Hinweisgebers schränkt das Gesetz die bisherigen Ausnahmen von der Gewährleistung der Vertraulichkeit ein. Seine Identität kann ohne seine Zustimmung nur weitergegeben werden, wenn die mit der Sammlung oder Bearbeitung von Hinweisen betrauten Personen verpflichtet sind, den Sachverhalt einer Justizbehörde anzuzeigen. Die Garantie der Vertraulichkeit umfasst nun neben dem Whistleblower und der/den Zielperson(en) auch „alle in der Meldung erwähnten Dritten“.
Das Gesetz ist am 01.09.2022 in Kraft getreten.